Doppelleben
Sonntag, den 4. September 2005Ich führe zwei Leben.
Das eine am Tag. Da bin ich schön, streng, kalt, unnahbar. Ich leite meine eigene kleine Firma mit 17 Angestellten, alles Männer. In der Firma kann ich es mir nicht leisten, Gefühle zu zeigen. Weder positive, noch negative. Wenn ich zu freundlich bin, denkt man, man könnte mich ausnutzen. Und wenn ich sauer werde, hält man mich für eine blöde Zicke, die man nicht ernst nehmen muss. Also versuche ich, immer gleichmäßig ruhig zu bleiben, nett, aber nicht zu nett. Abweisend genug, dass mich keiner anbaggert, aber nicht so abweisend, dass man mich für eine Menschenfeindin hält.
Dieses Gleichgewicht zu erhalten, ständig, den ganzen Tag über, rund um die Uhr, zehrt an der Kraft und an den Nerven. Wenn ich irgendwann zwischen sechs und zehn Uhr abends Feierabend habe, komme ich mir oft aufgeladen vor, wie unter elektrischer Hochspannung, oder wie eine tickende Bombe.
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